tl,dr; – zusammengefasst
Im Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) inkraft. Wir nehmen uns dieses Ereignis am 8. Juli 2025 online ab 19 Uhr zum Anlass, um in unserer Reihe #histojob die Historikerin Dr. Christine Schoenmakers vorzustellen. Wir diskutieren mit ihr den Stand von Inklusion und Barrierefreiheit in Tätigkeitsfeldern um die Geschichte. Daneben sind wir gespannt zu erfahren, wie sie zur Referentin für inklusive und interkulturelle Bildung bei der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur wurde. Ihr seid herzlich willkommen, um mitzudiskutieren und eure Fragen zu stellen.
Viel Papier, wenig barrierefrei
Seit Jahren häufen sich die Konventionen, Gesetze und Richtlinien, die Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen eine gesellschaftliche Teilhabe ohne Hürden sichern sollen. Fortschritte bleiben, so bemängeln Verbände schon seit Jahren für Deutschland, bestenfalls stockend.
Zum 28. Juni tritt nun weitgehend unbemerkt und geräuschlos das BFSG auch für Unternehmen in Kraft. Es verpflichtet Anbieter im Online-Handel, von Hard- und Software, aber auch im Personenverkehr und Bankwesen zu barrierefreien Produkten und Dienstleistungen. Was hat das mit dem Tätigkeitsfeld Geschichte zu tun, fragt ihr? Nun, schon seit 2021 gilt das Gesetz für öffentliche Stellen. Sie sind also längst zur barrierefreien Gestaltung ihrer Webseiten, Dokumente und mobilen Anwendungen verpflichtet. In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens aber sieht die Realität keineswegs barrierefrei aus.
Davon betroffen sind Museen oder Gedenkorte, die Webseiten oder Werbematerial bereitstellen. Universitäten müssten verlässlich barrierefreies Studium und und Archive die Recherche ermöglichen. Mit dem Juni 2025 betrifft dies nun auch eine große Zahl von Unternehmen im Markt für historische Angebote. Beispiele dafür wären zahlreich: etwa Online-Shops oder das Ticketing bei wirtschaftlichen Betrieben wie privaten Museen, Landesbetriebe für Schlossparks oder gemeinnützige GmbHs.
Barrierefrei leben und mitbestimmen
Ein barrierefreies und inkludierendes Leben zu ermöglichen, sollte heutzutage eigentlich eine Selbstverständlichkeit für eine so wohlhabende Gesellschaft wie die deutsche sein. Die Barrieren liegen jedoch nicht nur im Online-Handel, am Museumsbesuch oder beim Behördengang. Mangelnde historisch-politische Bildung und Demokratiebildung raubt eingeschränkten Menschen wesentliche Zugänge zu einer echten demokratischen Partizipation. Historische Orientierung und die Kenntnis von demokratischen Institutionen und Prozessen sind Voraussetzung, um sinnvoll bei Wahlen die eigenen Interessen wahrnehmen zu können.

Förderschulen beispielsweise bieten oft nur sehr oberflächliche Zugänge zu historischer oder demokratischer Bildung wegen der stark eingeschränkten Lehrpläne. Vielen Museen oder Gedenkorten fehlen Texte in einfacher Sprache, transkribierte Tonzeugnisse oder Audiobeschreibungen für Bilder und Exponate. Häufig beißen sich Screenreader an Angeboten der Landeszentralen für politische Bildung ihre Zähne aus. Bei Instagram verbirgt sich die Option, um Alternativ-Texte für Bilder zu erstellen, ungünstig hinter mehreren Menüebenen.
Und diese Beispiele bewegen sich lediglich auf der Ebene einer Nutzung vorhandener Angebote. Was aber, wenn Menschen mit Einschränkungen unter diesen Bedingungen selbst ihre Perspektiven aus der und auf die Geschichte erzählen und einer Öffentlichkeit verfügbar machen wollen. Ein spannendes Beispiel bietet etwa das Projekt Erinnerungs‑D.i.N.G, das die Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft (EVZ) fördert. Dort beschäftigen sie sich beispielsweise damit, was zwei sehr unterschiedliche deutsche Diktaturen unter behinderten Menschen angerichtet haben – und welche Lektionen für die Bundesrepublik daraus zu ziehen sind.
Inklusive Aufarbeitung der SED-Diktatur
Was bedeutet also eine inklusive historisch-politische Bildung mit möglichst barrierefreien Angeboten für die Tätigkeit von Dr. Christine Schoenmakers, die uns in der Reihe #histojob am 8. Juli besucht. Dass sie bei der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur als Referentin für inklusive und interkulturelle Bildung arbeitet, zeigt bereits, dass auch die Stiftung hier einen Bedarf erkannt hat. Wie dieser Bedarf inhaltlich und methodisch aus ihrer Sicht aussieht, und wie ihr Blick mit ihren beruflichen Stationen und Publikationen seit ihrem Studium in Jena zusammenhängt, erläutert sie uns im direkten Austausch.
Damit tangieren wir Themen wie den Umgang mit Behinderungen in der DDR-Geschichte und in der Bundesrepublik und fragen nach Bezügen zur heutigen Gesellschaft. Wie ist es für eingeschränkte Menschen, ihre Geschichte erinnerungskulturell aufzuarbeiten? Wie lässt sich unterstützen, dass sie vom Konsumieren von Geschichte gerade hier zum Produzieren und Präsentieren gelangen? Wo können auch nicht-eingeschränkte Menschen ansetzen, um etwas zu ändern – und hilft es auch ihnen beim Verstehen der Vergangenheit? Wir freuen uns zu hören, was Christine Schoenmakers mit ihrer Tätigkeit erreicht, und ob vielleicht auch für sie offene Fragen und Wünsche bestehen.
Kommt vorbei! #histojob – für alle Interessierten
Die Reihe #histojob beleuchtet aktuelle Themen und Tätigkeitsfelder für Historiker:innen. Dabei besuchen uns Gäste und berichten von ihrer aktuellen Tätigkeit – und ihrem Werdegang dorthin. Meldet euch an und wir schicken euch den Link zur Veranstaltung zu. Sagt es gerne weiter!
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Das Beitragsbild wurde generiert mit Chatopenai.d DallE3 durch Nico.
Verwendeter Prompt: “Zwei Freunde im Teenager-Alter stehen nebeneinander und betrachten an einem historischen Erinnerungsort eine Museumstafel. Im Hintergrund ist eine historische Ruine zu sehen. Beide Teenager stehen dabei mit ihren Rücken zum Beobachter. Einer von beiden ist körperlich eingeschränkt und sitzt in einem Rollstuhl. Der andere steht neben ihm und sie haben beide ihren Arm um den anderen gelegt. Erstelle das Bild bitte im Format 2560 x 1440 Pixel.“
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